Geschwindigkeitsüberschreitung – Unterscheidung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit
Fahrlässigkeit wird in der Regel bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung angenommen
Grundsätzlich geht der Bußgeldkatalog bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von einer fahrlässigen Begehungsweise durch den Fahrer aus. Doch es lässt sich eine Tendenz in der jüngeren Rechtsprechung erkennen, dass eine immer größere Anzahl von Geschwindigkeitsverstößen als vorsätzlich begangen gewertet werden.
Dies hat unter anderem die Folge, dass bei einem Vorsatz die im Bußgeldkatalog niedergeschriebenen Regelsätze nicht mehr angewendet werden, sondern die Regelbuße verdoppelt werden kann. Wird bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung Vorsatz und nicht Fahrlässigkeit angenommen, dann sinken die Chancen für den Fahrer massiv, dass von einem Regelfahrverbot abgesehen wird.
In welchen Fällen kann Vorsatz bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung angenommen werden?
Ein Indiz für eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung ist die prozentuale Höhe der überschrittenen erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Je massiver die Überschreitung ist, desto eher kann ein Vorsatz angenommen werden. Allein dieses Indiz kann allerdings keine vorsätzliche Begehungsweise begründen.
Zusätzlich müssen weitere Umstände hinzukommen, damit nicht auf Fahrlässigkeit, sondern auf Vorsatz erkannt wird. Solche Begleitumstände können beispielsweise ein höheres Motorengeräusch oder eine schnelle vorbeiziehende Umgebung sein.
Ein weiteres sehr wichtiges Indiz dafür, dass ein Fahrer vorsätzlich zu schnell gefahren ist, stellt der Ort des Geschwindigkeitsverstoßes dar. Wurde innerorts oder außerhalb einer geschlossenen Ortschaft die Höchstgeschwindigkeit übertreten und in welcher Höhe.
Auch wie umfangreich die Beschilderung in dem Bereich, in welchem die Geschwindigkeitsübertretung erfolgte, war, kann ein Indiz für eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung sein. Wurde nur mit einem Schild oder gar mit mehreren Schildern auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit hingewiesen?
Vorsatz muss durch Tatrichter festgestellt werden
Ob eine Geschwindigkeitsübertretung vorsätzlich begangen wurde oder doch eine Fahrlässigkeit gegeben ist, entscheidet schlussendlich ein Tatrichter. Nur der Tatrichter kann auf Vorsatz erkennen. Bei der Geschwindigkeitsübertretung müssen stets die Umstände des Einzelfalls betrachtet werden. In einer Gesamtschau und durch die Auswertung der Indizien kann dann eine Abwägung vorgenommen werden, ob eine Fahrlässigkeit oder ein Vorsatz vorliegt.
Gerichte bewerten die einzelnen Tatumstände unterschiedlich
Bei der Betrachtung der Entscheidungen zum Thema Vorsatz oder Fahrlässigkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung fällt auf, dass die einzelnen Gerichte mitunter sehr unterschiedliche Entscheidungen treffen. So entscheidet beispielsweise das OLG Jena, dass eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 18 bis 23 Prozent als eine vorsätzliche Tat einzustufen ist. Dieser verhältnismäßig geringe Wert wird jedoch dadurch beschwert, dass an der zugehörigen Örtlichkeit viele Schilder und Hinweise auf Radarkontrollen zu finden sind.
In einem anderen Fall entschied das OLG Düsseldorf, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 100 Prozent ohne das Hinzutreten weiterer Indizien keine Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsübertretung rechtfertigt.
Sollten Sie selbst eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen haben oder weitere Fragen zum deutschen Verkehrsrecht haben, dann können Sie sich gerne an uns wenden. Sie erreichen unser Team sowohl telefonisch als auch per Email.