Kinder im Straßenverkehr: Keine Haftung trotz Fremdschaden-Verursachung

Kinder im Straßenverkehr: Keine Haftung trotz Fremdschaden-Verursachung

Wann haften Kinder im Straßenverkehr?

Grundsätzlich haften Kinder bis zu einem Alter von neun Jahren nicht für durch sie verursachte Verkehrsunfälle. Diese Privilegierung fußt in der Überforderung, denen ein Kind in der oft chaotischen Situation des Straßenverkehrs ausgesetzt ist. Wird jedoch ein ordnungsgemäß parkendes, nicht am Straßenverkehr beteiligtes Fahrzeug durch ein Kind beschädigt, dann kann das Kind doch in die Haftung genommen werden. Denn gerade an der Überforderungssituation fehlt es bei einem geparkten Fahrzeug.

Doch wie ist die Situation, wenn Kinder einen Fremdschaden an einem Pkw verursachen, das zwar nicht parkt, aber zum Zeitpunkt des Unfalls nicht bewegt wurde? Dieser Frage musste die Rechtsprechung bereits nachgehen.

Gehört parkender Pkw zum fließenden Verkehr?

Ein 8 Jahre altes Kind fuhr mit einem Fahrrad und überhöhter Geschwindigkeit gegen ein an einer Kreuzung haltenden Pkw. Die Fahrerin des Fahrzeugs hatte an der Kreuzung angehalten, um nach Fahrzeugen, die Vorfahrt haben könnten, Ausschau zu halten.

Während dieses kurzen Moments des Haltens kam der Junge aus einer Seitenstraße mit dem Fahrrad angerauscht und stieß gegen das Fahrzeug und verursachte einen Fremdschaden. Doch können Kinder für einen derart verursachten Fremdschaden auch in die Haftung genommen werden?

Die Entscheidung des BGH

Die Fahrerin des Pkw forderte von dem Jungen für den durch ihn verursachten Fremdschaden eine Zahlung von 1415,57 Euro und zusätzlich eine Unkostenpauschale von 30 Euro. Zur Begründung führte die Fahrerin an, dass ihr lediglich kurz und den Verkehrsregeln entsprechend haltendes Fahrzeug ein stehendes Objekt dargestellt habe, von welchem keinerlei Gefahrenpotenzial beispielsweise durch den Faktor Geschwindigkeit, ausgegangen sei. Ein Ausschluss der Haftung für den Fremdschaden war für die Fahrerin daher nicht ersichtlich.

Doch die Richter des BGH schätzten die Situation anders ein. Sie waren der Ansicht, dass sehr wohl eine Überforderungssituation durch ein an einer Vorfahrtsstraße haltendes Fahrzeug ausgehen könne. Man könne das kurze Anhalten eines Pkw nicht mit einem am Straßenrand geparktem Fahrzeug vergleichen. Wer verkehrsbedingt anhält, ist nach wie vor Teil des fließenden Verkehrs, urteilten die Richter. Eine Haftung für den Fremdschaden kommt daher nicht in Betracht.

Wichtig für Eltern zu wissen ist außerdem, dass bei einem derart gelagerten Fall der Fremdschaden Verursachung durch ein Kind auch die Eltern nicht in die Haftung genommen werden. Allerdings könnten versicherungsrechtliche Fragestellungen auf die Eltern zukommen.

Haftungsprivileg im Straßenverkehr für Kinder bis zu neun Jahren bei Fremdschaden

Verursachen Kinder bis zu neun Jahren im Straßenverkehr einen Fremdschaden, greift ihnen zugunsten ein sogenanntes Haftungsprivileg, welches einer Überforderungssituation der Kinder geschuldet ist. Nicht nur im fließenden Verkehr, sondern auch in Situationen, in welchen Fahrzeuge kurzzeitig und verkehrsbedingt anhalten müssen, kann dieses Haftungsprivileg greifen. Dies stellten die Richter des BGH in einem früheren Urteil fest.

Eine Haftung für den Fremdschaden an Fahrzeugen kommt für die Kinder daher nicht in Betracht. Bei parkenden Autos wird die Frage jedoch anders beurteilt. Hier kann es zu einer Haftung der Kinder für einen Fremdschaden kommen.

Falls Sie in Bezug auf das deutsche Verkehrsrecht weitere Fragen haben, können Sie sich gerne an einen Rechtsanwalt der Dettmeier|Rechtsanwälte wenden. Sie erreichen unser Team sowohl telefonisch als auch per Email.